Dienstag, 12. April 2011

Mein Leben im Märchen. Tagebuch einer Mutter.

Kinder leben in einer Fantasiewelt. Um sie aufziehen zu können, müssen wir dort einziehen.

Ich lebe also mit drei Kindern in einer Märchenwelt. Ein Drache wohnt bei uns, ebenso wie die Nein-Spinne, die immer dann kitzelt, wenn ein Kind „nein“ sagt. Weiters gibt es einige Prinzessinnen und Geschichtenerzähler. Zu unserer Familie gehören alle Pflanzen außer das Topinampur sowie alle Marienkäfer. Andere Insekten werden von einer gefährlichen Indianerbande gejagt und erledigt.

Ja, so lebe ich. Handy, Internet, Juristerei, Networking, Gesellschaftspolitik und Karrierechancen gibt es dort nicht. Wozu auch? Oberindianer? Erster Geschichtenerzähler? Bin ich schon lange!

Wenn ich mal einkaufen gehe, erlebe ich Überraschungen über Überraschungen. Zuerst begeistern mich die alltäglichen Details - der Schmetterling, das kleine Auto, ein lustiges Werbeplakat - die ich alle mittlerweile genauso toll finde wie die Kinder... höchstwahrscheinlich aus einer Art verlängerter, gemeinsamer Wahrnehmung, die der hauseigene Zauberer hergestellt hat. Allerdings geht das nur mit Zauberstab, das ist ganz wichtig.
Dann überrascht es mich, wie ich aus dem Haus gehe. Turnschuhe, Flattershirt, ungeschminkt. Hoffentlich kennt mich niemand. Meine Berechtigung: Auf der Straße fühle ich mich konstant wie gerade gelandet nach einem 48-stündigen Flug.
Meine dritte Kategorie von Überraschung sind die Menschen selbst: Schau, da gibt es ja noch jemanden! Woher kommen denn die? Vom Mars? Was machen die alle da? Ich kann mir nicht helfen als sie mistrauisch zu beäugen, bevor ich mit Abenteuerlebensmitteln und weiteren lebenswichtigen Spielutensilien wie Farbstifte, Papier oder Spritzpistolen in die Indianderhöhle zurückkehre.

Kinder nur zu bekommen, reicht nicht: Um sie aufzuziehen, muss man so werden wie sie. Man darf sie keinesfalls wie Erwachsene behandeln: Verstehst Du denn nicht... weißt Du denn nicht...? Natürlich nicht! Es sind ja KINDER!

Kinder staunen über Alltägliches. Wir dürfen das auch. Um so zu werden wie sie, müssen wir uns ebenso wie sie begeistern können. Kinder finden die Dreiballjonglage spannender als die fünf Keulen. Weil sie Bälle mögen. Finde ich gut. Bälle sind super. Unglaublich eigentlich, wie rund ein Ball ist.


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