Donnerstag, 10. Jänner 2008

Zum Nachdenken...

Kalkuliertes Spiel mit Tabuthemen
MARTINA SALOMON (Die Presse)

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Dass die ÖVP derzeit lieber über Abtreibung statt über Homo-Ehe redet, ist kein Zufall.
In knapp zwei Monaten ist niederösterreichische Landtagswahl. Weil die ÖVP Sorge hat, Stimmen am rechten Rand – vor allem an die FPÖ, aber auch ein paar an die neue Kleinpartei der „Christen“ – zu verlieren, setzt sie bewusst konservative Signale. Eines davon ist die Abtreibungsdebatte. Einen Ausbau der Beratung fordert jetzt VP-Justizsprecher Donnerbauer. Nun ist das zwar durchaus ehrenhaft, doch die ÖVP hätte das schon seit drei Jahrzehnten fordern und auch umsetzen können.
Jetzt aber löst die Debatte kalkulierte Reaktionen aus: Die SPÖ heult auf, weil am Tabuthema Abtreibung gerüttelt wird, und die katholische Kirche applaudiert. „Es bewegt sich etwas“, freut man sich in der Erzdiözese Wien. Gemeinsam mit der „Aktion Leben“ sammeln Katholiken Unterschriften für mehr Unterstützung von Schwangeren in Not. Wie ernst die ÖVP das Thema wirklich nimmt, wird sich aber erst nach dem 9.März zeigen. Anzunehmen ist, dass dann wieder alles beim Alten bleibt. Wobei eine ernsthafte Diskussion darüber, ob nicht viel zu häufig und zu leichtfertig abgetrieben wird, zwar der gängigen political correctness widerspricht, deswegen aber nicht minder aktuell ist. Der Druck auf Frauen, ein Kind doch bitte „wegmachen“ zu lassen, ist nämlich mittlerweile höher, als es zu bekommen.
Genau gegenläufig behandelt die ÖVP die Homo-Ehe: Damit sollen die NÖ-Wahlen keinesfalls gestört werden, aber danach wird es wohl einen gemeinsamen Beschluss mit der SPÖ geben. Das ist leicht, weil „politisch korrekt“.martina.salomon@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2008)

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