Kinder bereiten viel Freude
BARBARA DÖRNER (Die Presse)
http://www.diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/293653/index.do
Es bedarf einer Wende in der Familienpolitik mit einem Bekenntnis zur intakten Familie als unabdingbaren Faktor für eine stabile Gesellschaft.
Die Diskussion um Kinderbetreuungsplätze greift derzeit viel zu kurz. Es geht nicht primär um die Quantität, sondern vor allem um die Qualität der Kinderbetreuung. Dabei muss das Wohl des Kindes im Mittelpunkt stehen, und nicht die Anforderungen des Arbeitsmarktes und parteipolitische Ideologie.
Hinsichtlich der Qualität muss man die Größe einer Kindergruppe, die Altersstruktur, die Konstanz der Bezugsperson, individuelle Betreuungsformen wie Tagesmütter und private Kindergruppen berücksichtigen. All diese Angebote gibt es bereits, und sie werden von den Eltern gerne angenommen. In der derzeitigen Debatte gewinnt man den Eindruck, als gäbe es nur Kinderkrippen und sonst gar nichts. Es ist nicht jedes Kind gleich, es ist nicht jede Lebenssituation gleich!
Und es wird auch zu wenig berücksichtigt, dass viele Mütter (und auch Väter, sofern der Arbeitgeber dies überhaupt zulässt) äußerst gerne in den ersten Jahren bei ihrem Kind bleiben (würden). Der hohe Prozentsatz jener, die den vollen Rahmen des Kindergeld-Bezuges ausschöpfen, zeigt, dass es der überwiegende Wunsch von Eltern ist, in den ersten drei Lebensjahren ihr Kind selbst bzw. überwiegend selbst zu betreuen.
Absurd und unbegreiflich
Dass nun manche Politikerinnen die Hände zusammenschlagen und meinen, wie schrecklich dies sein, ist absurd und unbegreiflich. Es ist keineswegs die Aufgabe der Politik, Lebensentwürfe für die Bürger festzulegen. Vielmehr soll Politik Rahmenbedingungen schaffen, die echte Wahlfreiheit ermöglichen. Dazu gehört nicht nur, entsprechend den Wünschen der Eltern Kinderbetreuungsplätze bereitzustellen. Es muss auch möglich sein, dass Mütter oder Väter zumindest in den ersten Jahren ihr Kind selbst betreuen können, ohne ein unverantwortbares ökonomisches Risiko einzugehen.
Das geht etwa in Form eines Erziehungsgeldes (für Mütter und Väter) auf eine bestimmte Zeit, das sozialrechtlich und versicherungsrechtlich wie ein Gehalt konstruiert ist, entweder in fixer Höhe oder äquivalent zum Arbeitslosengeld 80 Prozent des Letztbezuges. So besteht die Möglichkeit, dass Mutter und Vater sich die Karenzzeit teilen können und auch mehr Väter in Karenz gehen werden, sodass Arbeitgeber das „Risiko Kind“ auch bei Männern in Betracht ziehen müssen.
Neben der vollen sozialrechtlichen und weitgehend ökonomischen Absicherung braucht es auch mehr Bemühen um unproblematischen Wiedereinstieg, Wiedereinstieg auf denselben oder gleichwertigen Posten. Wenn bereits eine kurze Unterbrechung der Erwerbslaufbahn den völligen Verlust des Anschlusses im Beruf bedeutet, werden sich vor allem immer weniger Akademikerinnen entscheiden, eine Familie zu gründen. Es genügt nicht, ein wenig das Rädchen zu drehen, sondern es bedarf einer radikalen Wende in der Familienpolitik mit einem absoluten Bekenntnis zum zentralen Wert intakter Familien als unabdingbaren Faktor für eine stabile Gesellschaft.
Geldleistungen reichen nicht aus
Durch Geldleistungen des Staates allein wird die sinkende Geburtenrate nicht positiv verändert werden. Dazu bedarf es einer grundsätzlichen und spürbaren Haltungsänderung gegenüber Kindern und Familien und ein Maßnahmenbündel zur Unterstützung von Familien. Kinder dürfen zudem nicht weiterhin von der etablierten Generation missbräuchlich lediglich als künftige Steuer- und Pensionszahler oder von der Werbebranche gar als mögliche Generationenvertragsverweigerer gesehen werden. Kinder sind ein absoluter Wert per se und bereiten viel Freude!
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2007)
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